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Shopping Center: Heute den Markt für morgen vorbereiten

Jun 2022
Nach dem Ende der Aufenthaltsbeschränkungen spricht vieles dafür, dass auch der professionelle Transaktionsmarkt für Shopping-Center wieder an Fahrt aufnimmt. Aber was braucht es, um Shopping-Center künftig adäquat am Markt zu positionieren?

Lars Jähnichen, geschäftsführender Gesellschafter der IPH Handelsimmobilien GmbH, und Marcus Eggers, Geschäftsführer der IPH Centermanagement GmbH, sprechen im Doppelinterview über die nötigen Veränderungen.

Stehen Investoren Shopping-Centern generell eher kritisch gegenüber?

Lars Jähnichen: Bedenken sind da, keine Frage. Etwas anderes zu behaupten, wäre Wunschdenken. Aber eine generelle Skepsis gegenüber Shopping-Centern sehe ich nicht – und auch nicht die Teilnehmer einer Umfrage, die ich neulich auf LinkedIn geschaltet hatte. Wir müssen lediglich die Hürden abbauen. Die beiden Knackpunkte sind zum einen die teilweise unrealistischen Verkaufspreise und zum anderen die Befürchtungen um die Stabilität der Mieter – beziehungsweise um die Nachhaltigkeit der Mieteinnahmen. Hier müssen und können wir ansetzen, um etwaige Vorbehalte auszuräumen.

Was muss geschehen, damit diese beiden Faktoren ausgeschaltet werden?

Marcus Eggers: Legen wir den Fokus einmal auf die Mieter. Investoren setzen gerne auf Shopping-Center, aber nur wenn der Mietermix ihren Vorstellungen entspricht. Mit einem einseitigen Mieterbestand, der zusätzlich stark durch den Boom im E-Commerce gefährdet ist, können Investoren nur wenig anfangen. In solchen Fällen müssen wir nachjustieren. Wir müssen die Stabilität der Mieter eingehend analysieren – was nicht nur auf einen simplen Bonitätscheck hinausläuft, sondern sehr viel tiefer gehen muss. Wie krisenresistent und sicher vor Disruptionen ist beispielsweise das Handelskonzept? Auch die Mietbelastung muss realistisch eingeschätzt werden. Bei Textilmietern ist beispielsweise mit sinkenden Umsätzen zu rechnen und damit bei umsatzgekoppelten Mietverträgen auch mit einem Einpendeln auf niedrigerem Niveau. Das alles ist ein aufwendiger Prozess, aber er wird vor allem für den nächsten Schritt – die Positionierungsarbeit – wichtig.

Gibt es Richtlinien für den passenden Mieterbesatz?

Lars Jähnichen: Es gibt keinerlei Universalrezept. Vielmehr ist der passende Mieterbesatz von den Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken des konkreten Objekts abhängig. Auch das Einzugsgebiet und andere Standortfaktoren spielen eine enorm wichtige Rolle. Der Trend geht jedoch ganz klar zum multifunktional genutzten Quartier. Ein solches Quartier kann je nach Standort Handel mit Büro-, Fitness-, Wohn-, Hotel- oder weitere Nutzungen kombinieren. Wichtig ist auch ein starker Ankermieter, beispielsweise ein Lebensmittelhändler oder ein anderer Nahversorger. Aber es gibt durchaus nach wie vor Textilhändler, die mit einem passenden Konzept auf modernen Flächen gute Umsätze erzielen und Kunden anlocken. Um es aber ganz konkret zu sagen: Bei zahlreichen Shopping-Centern ist es das Mittel der Wahl, zugunsten urbaner Qualitäten bewusst auf einen Teil der Handelsfläche zu verzichten und diese durch passendere Nutzungen am jeweiligen Standort zu ersetzen.

Marcus Eggers: Die Grundidee – auch beim Mietermix – ist die: Eine langfristig stabile Passantenfrequenz bringt dem Center langfristig stabile Erträge. Auf diese Basis gründet ein Investment. Genau hier müssen wir ansetzen und weiterdenken. Wir dürfen den Erlebnisfaktor nicht außer Acht lassen. Ein Shopping-Center muss Raum für Events und Unterhaltungsangebote liefern können. Ein solches Komplettangebot ergänzt den Handel, sorgt für Publicity und bindet Kunden auf lange Sicht. Das ist es, was Investoren sehen wollen. Wir müssen auf den einfachen Einzelhandel noch eins draufsetzen.

Wie schätzen Sie die künftigen Chancen für Shopping-Center am Investmentmarkt ein?

Lars Jähnichen: Aktuell zögern die Investoren noch. Die aktuellen Zinssteigerungen sind gewiss nicht hilfreich. Auch Corona hat den Shopping-Centern deutlich zugesetzt. Aber die Kontaktbeschränkungen sind mittlerweile aufgehoben. Schritt für Schritt kehren wir zur Normalität zurück und viele Shopping-Center sind nach wie vor prägend für das Stadtbild und das Zusammenleben ihres jeweiligen Viertels. Deshalb gehe ich fest davon aus, dass sich der Transaktionsmarkt zeitnah positiv entwickeln wird.

Marcus Eggers: Dem schließe ich mich an. Wir müssen genau jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Shopping-Center unter Investoren wieder als sichere Anlageklasse gelten. Mit dem richtigen Mietermix und einer durchdachten Positionierung sehe ich keine Zweifel, dass Center gut am Markt performen.

Vielen Dank für das Interview, Herr Jähnichen und Herr Eggers!

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Ansprechpartner
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Lars Jähnichen

Geschäftsführer
IPH Handelsimmobilien GmbH & IPH Centermanagement GmbH & IPH Transact GmbH
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Marcus Eggers

Geschäftsführer
IPH Centermanagement GmbH