Retail Property News

„Wir müssen dem Markt unsere tiefgreifende Kompetenz vermitteln.“

Apr 2022
Jürgen Kreutz ist seit Januar Geschäftsführer bei IPH Transact GmbH. Im Interview spricht er über den veränderten Highstreet-Markt, seine Prognose fürs laufende Jahr – und sein persönliches Ziel.

Herr Kreutz, Sie sind seit mehreren Jahrzehnten im Handelsimmobiliengeschäft tätig. Wie herausfordernd sind die aktuellen Zeiten für Sie?

Sehr, aber das betrifft nicht nur mich, sondern der stationäre Einzelhandel und deren Immobilien stehen vor den größten Herausforderungen seit Jahrzehnten. Als die Kunden vor fünf, sechs Jahren verstärkt damit begannen, auch per Smartphone und nun noch mehr online einzukaufen, hatte sich bereits abgezeichnet, dass sich der klassische stationäre Handel auf Veränderungen einrichten muss. Und die Coronakrise hat diesen Trend extrem beschleunigt.
 

Haben Sie sich deswegen in Ihrer Arbeitsweise umstellen müssen?

Oh ja, komplett. Vor 25 Jahren musste man noch einem Investor erklären, was die Vorteile einer Highstreet-Immobilie sind. Zehn Jahre später, zur Zeit der Finanzkrise, scharrten die Abnehmer regelrecht mit den Hufen, so groß war der Bedarf an diesem krisenresistenten Investment. Nach der Krise hatten viele Assetklassen regelrechte Nachfrageeinbrüche – nur die Highstreet blieb relativ konstant. Mit dem Wachstum des Onlinehandels agieren aber viele Marktteilnehmer auch in diesem Segment abwartender. Und seit der Coronakrise ist ein überwiegender Teil der Investoren zurückhaltend. Alle schauen auf sinkende Mieten, aber niemand weiß, wann und wo der Tiefpunkt erreicht ist. Für uns geht es deswegen aktuell vor allem um eine umfassende Beratung, Markteinschätzung und um Fragen der Umnutzung einer Immobilie, bevor eine Transaktion erfolgreich vollzogen werden kann. Im Handel steht vorrangig das Erdgeschoss im Mittelpunkt, maximal noch die erste Etage. Auch werden immer kleinere Flächen nachgefragt, um diese neben dem klassischen Verkauf auch zusätzlich als Showrooms zu nutzen. Unsere Beratungsleistungen betreffen die komplette Neukonzeption dieser Immobiliengattung, wir müssen zudem einschätzen, wie nachhaltig die Mietzahlungen eines Mieters und letztlich auch dessen Bonität sind.
 

Sie sind seit dem 1. Januar bei IPH. Wie hat sich seitdem Ihre Arbeit verändert? Welche Aspekte daran finden Sie besonders interessant?

Noch vor fünfzehn Jahren hätte man theoretisch meinen Job auch ohne spezifisches Handelswissen erfolgreich machen können. Mich haben glücklicherweise schon immer  Handelskonzepte und deren Funktionalität interessiert. Diese Themen werden nämlich jetzt wesentlich wichtiger, und sie sind der Grund dafür, warum ich jetzt für die IPH tätig bin. Zusammen mit der BBE haben wir eine große wissenschaftliche Expertise mit Fundamentaldaten, die wir dem Eigentümer anbieten können. Er bekommt von uns einen Handelsimmobiliencheck, der verbunden ist mit einer intensiven handelsspezifischen Beratung als Grundlage für eine Portfoliostabilisierung und -optimierung oder sogar für eine mögliche Transaktion. Wir können sowohl beraten, als auch eine Vermietung und/oder Transaktion professionell abwickeln.
 

Skizzieren Sie doch mal den aktuellen Markt und wagen eine Prognose für das laufende Jahr.

In den letzten Jahren war im Markt eine große Unsicherheit bei Highstreet-Immobilien zu verspüren, folglich waren sowohl Eigentümer wie auch Investoren zurückhaltender. Diese Unsicherheit resultiert vorrangig aus den nicht exakt kalkulierbaren Flächenumsätzen und somit deren Mietbelastungsmöglichkeiten. Hier werden neue Flächenkonzepte und somit auch neue Mieten notwendig, die die Eigentümer, Investoren und zum Teil sogar auch die Einzelhändler nicht einschätzen können. Also gibt es einen hohen Beratungsbedarf. Und hier kommen wir ins Spiel. Unser Ziel muss es sein, dass wir die kombinierte Kompetenz aus BBE und IPH stärker in den Markt kommunizieren und alle Akteure von unserer Stärke überzeugen. Daran arbeite ich neben aller Präsentations- und Akquisitionsgespräche vor allem in diesem Jahr. Ich bin sicher, dass wir einige Mandate bekommen werden und die ersten erfolgreichen Beratungen, Vermietungen und hoffentlich auch Transaktionen umsetzen können.
 

Bewegen Sie sich in einem Käufer- oder einem Verkäufermarkt?

Weder noch. Wir haben derzeit relativ wenig Marktgeschehen in der Highstreet. Viele Eigentümer warten ab, bis die negativen Corona-Effekte nicht mehr zu spüren sind. Zudem sollte man für einen erfolgreichen Verkauf auch eine marktgerechte Neuvermietung oder zumindest ein zukunftsorientiertes Konzept mitbringen. Andernfalls wird dies der Kaufinteressent entsprechend einpreisen. Sofern die Immobilie ohne eine Neuausrichtung verkauft werden muss, hat der Käufer logischerweise die bessere Verhandlungsposition.
 

Wann kommt der Markt wieder in Schwung?

Die cleveren Käufer und Verkäufer bereiten sich aktuell vor. Ich erwarte für dieses Jahr viele Pitches, bei denen sich die Vermarkter von Immobilien präsentieren. Ab Frühjahr / Sommer werden dann einige Immobilien an den Markt gegeben. Auch einige Kaufinteressenten sehen zeitnah wieder die Chance, mit neuen Mietverträgen und zukunftsorientierten Konzepten in die Assetklasse Highstreet und somit in wertvolle Grundstücke zu investieren.  
 

Verändern sich auch Top-Lagen im Einzelhandel hin zu hybriden Konzepten?

Ja. Das ist ein großes Thema. Es gab schon immer Kombinationen, wie Textil mit Schuhen oder Bücher mit Café. Dann kamen Wohnaccessoires und Kosmetik in Textilgeschäfte. Und zukünftig geht es in den Highstreets nicht nur noch um Konsum und Umsatz auf der Verkaufsfläche, sondern um die Präsentation von Marken (um auch online erfolgreich zu sein) sowie um Erlebniswelten. Die Mischung von Branchen und Sortimenten auf der Fläche wird man immer häufiger sehen. Der Klassiker ist natürlich die Kombination von Textil mit Gastronomie. Aber wir werden alle Kombinationen sehen, die der erfolgreichen Darstellung der Marke dienlich ist.
 

Vielen Dank für das Interview, Herr Kreutz!

 

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Jürgen Kreutz

Geschäftsführer
IPH Transact GmbH